Foto: Elmar Schulten, WLZ, www.wlz-online.de 
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Ökumenischer Gottesdienst

Gottesdienst zu den Ereignissen des Rosenmontags

Am Dienstagabend (25.02.) kamen rund 1000 Menschen in und vor der Pfarrkirche zusammen um gemeinsam zu beten, um zueinander zu stehen, um gemeinsam die Trauer und Hilflosigkeit vor Gott zu bringen. Unter ihnen Ministerpräsident Volker Bouffier, Bischöfin Dr. Hofmann und Bischof Gerber, Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst und Notfallseelsorge ebenso wie Angehörige der Verletzten und Ersthelfer sowie Vertreter von Stadt, Landkreis, Land und Karnevalsgesellschaft.


Rund 500 Menschen hatten Platz in der Kirche gefunden, mindestens genauso viele hatten sich auf dem Marktplatz versammelt, auf den der Gottesdienst per Lautsprecher übertragen wurde. Aus Rücksicht auf die Angehörigen wurden die Vertreter der Presse und der Medienanstalten im Vorfeld des Gottesdienstes gebeten, keine Film- und Fotoaufnahmen in der Kirche vorzunehmen. Hierfür danken wir für das Verständnis. Um jedoch das persönliche Gebet und die Anteilnahme zu ermöglichen, veröffentlichen wir im Folgenden Auszüge aus dem Gottesdienst.

Pfarrer Martin Fischer eröffnete den Gottesdienst mit diesen Worten:

"Es sollte ein so schöner Tag werden”, so lautet der erste Eintrag in dem Buch, das seit gestern Nachmittag in der Kirche ausliegt. “Die Volkmarser wollten doch bloß ihren geliebten Karneval feiern.”

Auch ich verfolgte gestern den Rosenmontagszug am Straßenrand, bis ein einziger Moment den Spaß und das Lachen in Angst und Schmerz verwandelte.
Eine irrsinnige Tat, die uns mit unendlich großem Entsetzen und mit Hilflosigkeit erfüllt. Wir bangen und sorgen uns um so viele an Leib und/oder Seele verletzte Menschen.

Mitten im ausgelassenen Rosenmontagszug, während die einen noch Schurri gerufen haben, ist an der anderen Stelle dieses Unbegreifliche geschehen.
 
Viele sind heute gekommen.
Sie teilen den Schmerz der Verletzten und das Entsetzen, das ihre Familien und Freunde erfasst hat.
Es ist gut, dass Sie alle da sind, unter Ihnen auch Herr Ministerpräsident Volker Bouffier, Herr Innenminister Peter Beuth, Frau Bischöfin Dr. Beate Hofmann und Herr Bischof Dr. Michael Gerber.
Aber auch viele Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst und Notfallseelsorge.

Wir alle suchen Hilfe. Denn unsere Kraft ist zu klein.
Wir suchen die Gemeinschaft der anderen und den Beistand Gottes - jetzt, in diesem ökumenischen Gottesdienst.

 

Dekanin Eva Brinke-Kriebel betete mit den Worten aus Psalm 77:


Ich rufe zu Gott und schreie um Hilfe,

zu Gott rufe ich, und er erhört mich.

In der Zeit meiner Not suche ich den Herrn;

meine Hand ist des Nachts ausgereckt und lässt nicht ab;

denn meine Seele will sich nicht trösten lassen.

Ich denke an Gott – und bin betrübt;

ich sinne nach – und mein Herz ist in Ängsten.

Meine Augen hältst du, dass sie wachen müssen;

ich bin so voll Unruhe, dass ich nicht reden kann.

Ich gedenke der alten Zeit, der vergangenen Jahre.

Ich denke und sinne des Nachts und rede mit meinem Herzen,

mein Geist muss forschen.

Hat Gott vergessen, gnädig zu sein,

oder sein Erbarmen im Zorn verschlossen?

Ich sprach: Darunter leide ich,

dass die rechte Hand des Höchsten sich so ändern kann.

Darum denke ich an die Taten des Herrn,

ja, ich denke an deine früheren Wunder

und sinne über alle deine Werke und denke deinen Taten nach.

Gott, dein Weg ist heilig.

Wo ist ein so mächtiger Gott, wie du, Gott, bist?


 

Danch betete Gemeindereferent Alexander von Rüden mit den Worten von Dietrich Bonhoeffers:

Gott, zu dir rufe ich.

Sammle meine Gedanken, hilf mir zu beten;

ich kann es nicht allein
In mir ist es finster, aber bei dir ist Licht
ich bin einsam, aber du verlässt mich nicht
ich bin kleinmütig, aber bei dir ist Hilfe
ich bin unruhig, aber bei dir ist Frieden
in mir ist Bitterkeit, aber bei dir ist Geduld
ich verstehe deine Wege nicht,
aber du weißt den rechten Weg für mich.

Dir sei Ehre in Ewigkeit. Amen.

Anschließend las Gemeindereferentin Gisela Mihm die Schriftlesung:

Unser Gottesdienst heute ist am Vorabend des Aschermittwochs, mit dem in unseren christlichen Konfessionen die Passionszeit beziehungsweise die Fastenzeit beginnt. Hören wir eine Lesung aus dem Matthäusevangelium, das uns von der Passion Jesu, von seinem Leiden, von dem, was auf Golgotha geschah, berichtet:

Auch viele Frauen waren dort und sahen von Weitem zu; sie waren Jesus von Galiläa aus nachgefolgt und hatten ihm gedient. Zu ihnen gehörten Maria aus Magdala , Maria, die Mutter des Jakobus und des Josef du die Mutter der Söhne des Zebedäus.

 

Im Anschluss predigten Bischöfin Hofmann und Bischof Gerber. (Text von www.bistum-fulda.de)


Hofmann: Gott hört unsere Klage, Gott sieht unseren Schmerz

Hofmann beschrieb den Augenblick der Tat als „Moment, der das Leben in Volkmarsen radikal verändert“ habe. Unausweichlich stellten sich viele Menschen die Frage nach dem „Warum?“. Doch darauf könne es hier noch keine Antwort geben. Aber man könne jetzt, so die Bischöfin, Gott seine Gedanken und Gefühle, sein Unverständnis und seinen Schmerz hinhalten. Der Bericht aus dem Matthäusevangelium von den Frauen, die Jesus ans Kreuz begleiten, gebe ein gutes Beispiel für das, was heute getan werden könne: „Wir können zusammenbleiben, wir können gemeinsam klagen und trauern. Wir können uns von dem erzählen, was wir gehört und gesehen haben, unseren Gefühlen, unseren Ängsten, unserem Entsetzen, auch unserem Zorn Ausdruck geben, und wir können auch schweigen, wenn die Worte ausbleiben und die Tränen versiegen.“ Die Bischöfin zeigte sich davon überzeugt: „Gott ist bei uns in diesen dunklen Momenten und geht mit durch diesen Schmerz. Darauf können wir uns verlassen. Gott hört unsere Klage, Gott sieht unseren Schmerz und Gott stellt uns Menschen an die Seite, die jetzt da sind, begleiten, zuhören, aushalten.“

 

Gerber: Die Betroffenen und unser Land brauchen Solidarität und Zusammenhalt

Der katholische Oberhirte des Bistums Fulda rief die Menschen dazu auf, zusammenzuhalten, einander zuzuhören und Trauer und Schmerz miteinander auszuhalten. „Lassen Sie sich nicht von Hass und Zorn verleiten zu weiterer Gewalt. Der Mensch, der hier Gewalt gesät hat, wird vor Gericht gestellt.“ Er werde sich verantworten müssen, vor Gott und vor den Menschen, er, nicht seine Familie, nicht seine Freunde. Der Mann habe hier eine Gewalttat begangen, die man nicht verstehen könne. „Wir spüren den Schmerz an Leib und Seele und haben die Ahnung, dass so manche Narbe zurückbleibt.“ Die entscheidende Erfahrung aus der Zeit Jesu vor und nach Ostern sei es, dass das Leid und der Schmerz zusammenführen und eine bleibende Verbundenheit und Solidarität entstehen. Diesen Impuls müsse man mit in die beginnende Fasten- und Passionszeit nehmen. „Diese Solidarität brauchen die unmittelbar Betroffenen, und diese Solidarität braucht unsere Gesellschaft und unser Land.“ Es gelte, den Blick auf die unverlierbare Würde eines jeden Menschen zu richten.

 

Gemeinsamer Dank an Einsatzkräfte

Bischöfin Hofmann und Bischof Gerber dankten besonders den Einsatzkräften von Polizei und Feuerwehr, den Sanitätern und Notärzten sowie den Notfallseelsorgern, die die Menschen in einer fürchterlichen Situation begleitet hätten: „Wir danken allen Menschen, die in diesen Tagen auf irgendeine Weise ein Zeichen der Solidarität senden mit den Menschen hier in Volkmarsen und auch mit den Trauernden und Leidenden in Hanau.“


 

Es folgte das Fürbittengebet, dass von Vertretern der Rettungskräfte, der Kirchen und des Karnevalsvereins gemeinsam gehalten wurde.

 

Gott, Ursprung und Ziel unseres Lebens, Quelle unserer Kraft, in unserer Fassungslosigkeit treten wir vor dich und beten:

 

Wir beten für die Verletzten und ihre Familien, die einfach nur fröhlich feiern wollten und nun durch diese grausame Tat um Leben und Gesundheit bangen und kämpfen müssen. Stehe du ihnen in dieser schweren Zeit bei und schenke ihnen neue Kraft.


Wir beten für die Einsatzkräfte der Feuerwehr, der Polizei, der Rettungsdienste und der Notfallseelsorge, wir beten für alle Ersthelfer und die Belegschaft in den Krankenhäusern, die alle bis an ihre Grenzen arbeiten, schenke ihnen Kraft und Durchhaltevermögen.

Gib auch ihnen Men­schen an die Seite, die zuhören können, die unterstützen und entlasten.


Wir beten für die, die alles mit ansehen mussten und unter Schock stehen. Dass sie bald wieder in ihr normales Leben zurückfinden können. Hilf, dass die Bilder und die belastenden Eindrücke nicht zu stark werden – und gib ihnen Menschen, die mit ihnen reden und sie verstehen.


Wir beten für die Menschen, die die gestrigen Ereignisse hier in Volkmarsen geängstig und entsetzt haben und die sich große Sorgen machen. Schenke du ihnen Mut und Zuversicht und lass das Vertrauen ins Leben neu wachsen.


Wir beten für die, denen der Maßstab des Menschlichen und der Verantwortung abhanden gekommen ist. Die so viel Leid über andere Menschen gebracht haben. Kehre sie um, damit sie die Spirale der Gewalt durchbrechen und den Frieden für sich entdecken.


Wir feiern gerne Karneval in Volkmarsen und halten auch in schweren Zeiten fest zusammen. Das spüren wir in diesen Tagen besonders. Lass uns in Volkmarsen und in unserem Land die Freude am Leben nicht verlieren und weiterhin den Karneval als unsere Herzenssache feiern.


Alles, was uns heute Abend persönlich bewegt, bringen wir vor dich, guter Gott.


Es folgte eine Zeit der Stille und das gemeinsame Vater-unser-Gebet.


Bürgermeister Hartmut Linnekugel, Christian Diste (1. Vorsitzender der Volkmarser Karnevalsverastaltung) und Ministerpräsident Volker Bouffier hielten Ansprachen und fanden tröstende Worte der Solidarität für die versammelten Menschen.

 

Dekanin Eva Brinke- Kriebel schloss den Gottesdienst, Bischof und Bischöfin segneten die Gemeinde, bevor man in Ruhe auseinander ging. Viele stellten rund um die Kirche Kerzen auf, standen noch eine Zeit beieinander, lagen sich in den Armen, spendeten einander Trost.

 

Auch weiterhin ist die katholische Kirche tagsüber für das persönliche Gebet geöffnet. Sie sind herzlich eingeladen, zu beten und/oder eine Kerze anzuzünden. Auch ein Buch für die persönlichen Fürbitten liegt im Glockenturm.


Bilder: medio.tv/schauderna; entnommen der Homepage www.bistum-fulda.de

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Ihr Martin Fischer, Pfarrer